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ROCKHARZ 2023 | Donnerstag - Ballenstedt, Harz - 06.07.2023
ROCKHARZ 2023 | Donnerstag - Ballenstedt, Harz - 06.07.2023
Tag 2, Donnerstag, 06.07.2023
Auftakt mit INFINITAS und den DELTA BATS
Wettertechnisch geht es am zweiten Festivaltag mit strahlendem Sonnenschein weiter, musikalisch eröffnen INFINITAS den Reigen, die ihren Melodic Metal mit ab und an eingestreutem, gutturalem Gesang unters Volk bringen. Das macht zu früher Stunde bereits ordentlich Alarm, was die kurze Nacht umgehend vergessen lässt. Nur die Anfangssequenz mit Bauchtanz will nicht so recht ins Konzept passen. Im Anschluss betreten die DELTA BATS die Bühne, deren Gute-Laune Rock´n´Roll mit Punk und Metal Ingredienzien gewürzt ist. Dass die Band Anleihen bei verschiedenen Genregrößen macht, ist unüberhörbar, aber Lemmy ist tot und wer sollte es den BATS verwehren, ihren Idolen musikalisch zu huldigen?
HOW WE END machen ihrem Namen keine Ehre
Weiter geht es mit HOW WE END, einer All-Star Combo, deren Mitglieder allesamt bereits in anderen Bands zu Ruhm und Ehre gelangt sind. Neben Jake E (CYHRA, Ex-AMARANTHE, Gesang) und Diva Satanica (Ex-NERVOSA, Gesang) greifen Tom Naumann (PRIMAL FEAR, Gitarre) und Jen Majura (Ex-EVANESCENCE) zu den Instrumenten und kredenzen der Zuhörerschaft Songs mit Hitpotential, die zwischen Cleangesang und Growls changieren und somit weit davon entfernt sind, das Ende der Truppe einzuläuten, ganz im Gegenteil.
Auf die Mütze gibt es danach (glücklicherweise nur musikalisch) auf der benachbarten ROCK-Stage, auf der sich der ehemalige Vollkontakt-Kämpfer Kris Barras angesagt hat. Die Muskelpakete sind noch vorhanden, die Tattoos auf den Fingern, die dem Gegner kurz vor dem Einschlag noch ein „Boom Boom“ zuzwinkerten, auch. Die Musik der KRIS BARRAS BAND ist eine schmackhafte Mischung aus Country, Blues und Southern Rock mit Ohrwurm-Appeal und hohem Wiedererkennungswert. Das kommt vor der Bühne so gut an, dass sich Kris des Öfteren dazu veranlasst sieht, die Fans zum Mitsingen anzuregen, was sehr gut funktioniert und die Entscheidung des Frontmann, sich lieber der Musik zu widmen, als goldrichtig erscheinen lässt.
THE DARK SIDE OF THE MOON liefern prächtig ab
Bein Namen der nächsten Band denkt man dann unwillkürlich an PINK FLOYD: THE DARK SIDE OF THE MOON ist denn auch als Bandname schon aufgrund der Länge außergewöhnlich, mit der Kult-Proggern um Gilmore und Waters (ja, damals noch mit dabei) hat die Chose allerdings nicht im Entferntesten zu tun. Bekannte Gesichter gibt es allemal: Hans Platz (FEUERSCHWANZ) an der Gitarre sorgt für die zündenden Riffs und Soli, Melissa Bonny (AD INFINITUM) liefert am Mikro amtlich ab und zeigt sich im Vergleich zum vergangen Jahr deutlich gefestigt, Jenny Diehl (Mieze bei FEUERSCHWANZ) macht ihre Sache an der E-Harfe grandios und beweist, dass sie nicht nur als Beilchenschwingende Mieze eine gute Figur abgibt. Unterm Strich ein erfrischender Auftritt mit starker Tendenz nach oben.
UNZUCHT mit einjähriger Verspätung
Dass DER SCHULZ seit Neuestem nicht nur bei UNZUCHT sondern auch bei OOMPH! vor dem Mikrofon steht, hat sich in der Szene herumgesprochen. Einige Pressevertreter hatten daher auch vermutet, der Überraschungs-Act, den dann gestern KNORKATOR abgaben, hätten besagte Dark-Rocker sein können. Dem war dann ja nicht so und somit kommt es heute zum UNZUCHT-Gig mit einjähriger Verspätung, da die Band im vergangenen Jahr aufgrund positiver C19-Tests nicht antreten konnte. Entsprechend frenetisch werden die Jungs gefeiert, was der Band sichtlich Freude macht.
Die Grabenschlampen spielen Feuerwehr
Die Sonne macht in diesem Jahr nur ganz selten hinter ein paar Wölkchen eine Pause, ansonsten brennt das Gestirn unbarmherzig auf das Infield nieder. Neben ihren eigentlichen Aufgabe übernehmen die Grabenschlampen daher auch den Part der Feuerwehr, und verschaffen den Fans vor der Bühne etwas Erfrischung durch Wasserduschen aus Feuerwehrschläuchen. Sehr geile Aktion!
Die fast schon brutal zu nennende Sonneneinstrahlung macht nicht nur den Rockharzern zu schaffen – nein, auch die Nachtschattengewächse von TRIBULATION haben mit den Temperaturen zu kämpfen. Die Schminke rinnt infolge der Hitze auch schon nach wenigen Minuten in Strömen, der Musik und ihrer Interpretation des Gothic Metal tut dies indessen keinen Abbruch. Die Songs verfangen direkt im Ohr und die Fans vor der Bühne lassen die ansonsten ziemlich wortkargen Schweden hochleben. Ein starker Auftritt.
Rekord an Crowd-Surfern bei FIDDLER´S GREEN und Mr. HURLEY
Sagenhafte 30 Jahre im Business haben die im Anschluss auflaufenden Jungs von FIDDLER´S GREEN bereits auf dem Buckel, deren Party-Pogo-Irish-Folk einen echten Kontrast zu TRIBULATION bildet, die nebenan die Klampfen wegpacken. Selten hat man bisher mehr Crowd-Surfer gesehen als bei den Jungs aus Erlangen, die ihrerseits kräftig mitmischen und ihren Geiger Tobias Heindl im Gummiboot ins Rennen schicken. Großer Sport. Und der Stress für die Grabenschlampen will einfach nicht weniger werden. Mr. HURLEY UND DIE PULVERAFFEN schlagen mit ihrem Piraten-Pop-Rock in dieselbe Kerbe. Fast ist man versucht zu glauben, dass hier bereits einer der Headliner das Infield aufmischt, aber genau diese Mischung ist es, die das Festival in den vergangenen dreißig Jahren zu einer festen Größen hat werden lassen. Dafür, dass sich selbst die hartgesottenen Piraten vor den ROCKHARZERN verneigen müssen, sorgt das seit dem vergangenen Jahr bekannte Pärchen, das im Tandem im Graben anlandet und Mr. Hurley für einen Moment sprachlos macht. Chapeau!
Warum die APOCALYPTISCHEN REITER ihr DSCHINGIS KHAN Cover nicht mehr spielen, soll hier nicht weiter erörtert werden, dennoch ist die Stimmung während des Gigs der Thüringer mehr als ausgelassen. In die Menge gefeuert werden neben den zahlreichen Hits der Bandgeschichte auch T-Shirts, die per Kanone verteilt werden. Glücklicherweise ist die Bandhymne „Es wird schlimmer“ im Hinblick auf die Sonneneinstrahlung nicht Programm und mit „Reitermania“ endet ein Auftritt, der geprägt ist vom Umbau der Band, die sich nun neu formieren muss.
HÄMATOM im Anschluss haben solche Sorgen nicht, die Besetzung ist seit Jahren konstant, das Bühnenbild und die Maskerade auch, was nicht unbedingt als Stillstand interpretiert werden muss, denn mit den nach den vier Himmelsrichtungen benannten Musikern geht es seit Jahren nur noch bergauf.
Hier im Harz haben HÄMATOM ein Heimspiel, das wiederum im Ausritt des Drummers auf seinem Podest gipfelt, das über den Köpfen der Fans schwebt, ohne dass der Beat auch nur einen Deut leiden würde. „Es regnet Bier“ als Rausschmeißer beendet einen fantastischen Auftritt, der eigentlich deutlich zu kurz war.
In der Folge gibt es Gothic-Metal der Extraklasse, da sind sich bei PARADISE LOST alle einig. Die tief stehende Sonne sorgt für tolle Farben auf und vor der Bühne, die so gar nicht zur düsteren Melancholie der Songs passen wollen. Shouter Nick Holmes freut sich sichtlich über die tolle Resonanz des Publikums, das die Band begeistert feiert. Ein denkwürdiger Auftritt.
Und die Party ist an diesem Tag noch lange nicht beendet, denn nun Bitten der Hauptmann und seine Mannschaft zum „Schubsetanz“. Wie für FEUERSCHWANZ üblich, ergeht sich der Pyro-Techniker wieder einmal in nicht-enden-wollenden Feuersalven während der ersten Songs, was die Temperatur vor der Bühne nochmals deutlich ansteigen lässt. Da hilft es schon, die eigene Vergänglichkeit im Auge zu behalten („Memento Mori“) oder „Untot im Drachenbott“ unterwegs zu sein. Der Rest ist Party und Gelage á la „Metfest“ und „Dragostea Din Tei“, wobei zwischendurch auch noch Melissa Bonny und Alea von SALTATIO MORTIS zu den Mikrofonen greifen und musikalische Unterstützung liefern.
Die nominellen Headliner des Tages sind IN FLAMES, die wie immer ihren eigenen Laufsteg installiert haben, der wie immer visuell mehr schadet als Nutzen bringt. IN FLAMES spielen ein Best-Of Set und legen an diesem Abend verstärkt Wert auf die Songs, die für den Aufstieg der Band verantwortlich waren, neue Track werden nur sporadisch gespielt und man merkt den Jungs an, dass dieses Festival auch für sie etwas ganz besonderes ist. Die Fans vor der Bühne danken dies mit ausgelassenem Jubel, der einen Teil der Energie der Band auf der Bühne zurückgibt. Im Anschluss daran gibt es bei SKÁLD die Gelegenheit, etwas durchzuschnaufen, was nicht bedeuten soll, dass die Musik der Franzosen leicht zu konsumieren wäre – im Gegenteil. Die Nordische Folkore ist intensiv und düster, nichts für poppige Gemüter und kommt bei denjenigen, die sich auf die teilweise psychedelisch anmutenden Klänge einlassen, ausgesprochen gut an. ONSLAUGHT sorgen im letzten Slot des Tages mit mächtigem Thrash-Metal dann dafür, dass niemand im Infield schlafend zurückgelassen wird.